Salzburg: Zum Musical „Meine stille Nacht“

Christkindlmarkt in Salzburg.
Ein Weihnachtslied wird gefeiert: 200 Jahre „Stille Nacht! Heilige Nacht“
Meine Stille Nacht: Hauptdarsteller Dominik Hees als Justin (2.v.l.) und Milica Jovanović als Elisabeth sowie die Jugenddarsteller der Weihnachtsband
Foto: Salzburger Landestheater/Anna-Maria Löffelberger

Ob in Salzburg, im Salzburger Land, in Tirol oder Oberösterreich – überall wird in diesen Tagen ein berührender Klassiker gefeiert – das Weihnachtslied „Stille Nacht! Heilige Nacht!“. Erstmals gesungen wurde es vor 200 Jahren in Oberndorf am Heiligabend. Heute ist es weltberühmt und erklingt in über 300 Sprachen. 200 Jahre später feiert Salzburg ein neues musikalisches Werk – das Musical „Meine Stille Nacht“. Ob es auch einen Siegeszug um die Welt antreten wird, bleibt abzuwarten.

Die Geschichte des Musicals ist schnell erzählt. Ein junger Amerikaner namens Justin, der den Weihnachtskaufrausch im Familienkaufhaus satt hat, erinnert sich plötzlich an ein Salzburger Mädchen, der er vor Jahren während eines Schüleraustausches eine „Stille Nacht“-Spieluhr geschenkt hatte. Im Internet fündig geworden und vom Großvater bestärkt, fliegt er nach Salzburg und findet sie auch – Elisabeth, die gerade das weihnachtliche Jugendfestival ihrer Stadt in ein neues, modernes Gewand hüllen möchte – womit sie allerdings scheitert.

Schließlich ist die Klammer der Liebesgeschichte eine Weihnachtsband, die Elisabeth und Justin gemeinsam mit von der Gesellschaft abgelehnten Jugendlichen aufbauen, und die sich letztendlich gegen alle Anfeindungen durchsetzt. Am Ende sind der Amerikaner und die Salzburgerin natürlich ein Paar und singen mit allen Musical-Darstellern „Stille Nacht! Heilige Nacht!“. Die Premiere am 24.November in der Salzburger Felsenreitschule ist ein Erfolg, das Publikum applaudiert stehend und Hollywood ist in Salzburg angekommen – auch, weil Musik, Drehbuch und Liedtexte von einem hochkarätigen Team aus den USA,  darunter Filmkomponist John Debney, stammen.

Weihnachten vor 200 Jahren

Doch vom modernen Weihnachtsmusical zurück in die Vergangenheit, zurück zum weltberühmten Weihnachtslied „Stille Nacht! Heilige Nacht“, das vor 200 Jahren in Oberndorf, rund 20 Kilometer von Salzburg entfernt, uraufgeführt wurde.  Es bedarf einiger Zeit, sich in diesem heute von Touristen überströmten Ort an der Salzach und Grenze zu Bayern ins Damals zurückzuversetzen. Was bedeutete dieses Lied für die Menschen? War es Hoffnung, Wärme, Zuversicht?

Stille-Nacht-Museum im ehemaligen Pfarrhaus von Oberndorf, in dem Pfarrer Joseph Mohr wohnte. 

Rudi Pronold, der sich als Herr Rudi vorstellt, taucht dazu bei einem Rundgang durch das Stille-Nacht-Museum im alten Pfarrhof tiefer in die Geschichte ein und erzählt von den Jahren des Salzhandels und der Salzschifffahrt, die den Ort links und rechts der Salzach über Jahrhunderte prägten, und von der harten Arbeit und dem kargen Leben der sogenannten „Schöffleut“. Doch um 1800 sollten sie und ganz Europa  schlimme Zeiten erleben. Die Napoleonischen Kriege hinterließen überall Verwüstung, Armut, Hunger und Hoffnungslosigkeit. Auch Oberndorf blieb nicht verschont. Morde, Vergewaltigungen und andere Gräueltaten waren an der Tagesordnung, die Menschen wurden regelrecht ausgepresst und waren verzweifelt, beschreibt der Museumsführer die damalige Zeit. Doch nicht nur das machte ihr Leben unerträglich. Der Krieg brachte 1816 auch eine neue Grenze, die den Salzschifferort an der Salzach nach 1200 Jahren gemeinsamer Geschichte zerriss. Hinzu kommt, dass 1816 ein „Jahr ohne Sommer“ war. Es schneite, regnete und war bitter kalt. Die Ernte fiel aus, die Menschen hungerten. Ein Kochbuch mit Rezepten aus Wurzeln, Rinden und Sägespänen Auslöser  macht das ganze Ausmaß des Elends deutlich. Auslöser der Klimaveränderung war der Ausbruch des Vulkans Tambora in Indonesien.

Diese hoffnungslose Zeit – sie erlebten auch zwei Männer und engste Freunde: Hilfspriester Joseph Mohr, der im heutigen Stille-Nacht-Museum von Oberndorf wohnte, und Franz Xaver Gruber, der als Lehrer im benachbarten Arnsdorf arbeitete und in der der St. Nikola Kirche von Oberndorf – sie wurde 1906 vom Hochwasser stark beschädigt abgerissen und 1937 durch die Stille-Nacht-Kapelle ersetzt – die Orgel spielte.

Stille-Nacht-Kapelle im österreichischen Oberndorf.

Beiden Freunden verdanken wir „Stille Nacht! Heilige Nacht!“ – aufgeschrieben von Mohr 1816, vertont von Gruber am Weihnachtstag 1818 und zum ersten Mal von beiden gesungen und mit der Gitarre begleitet nach der Christmesse am 24. Dezember 1818 in der St. Nikola Kirche.  Ein Lied, das in jener dunklen Zeit den Menschen Trost, Hoffnung und Zuversicht gab. Gespielt wird es heute auf Wunsch und wie damals mit Gitarrenbegleitung in der kleinen Kapelle von Oberndorf. Und spätestens dann geht der Weihnachtsklassiker unter die Haut, macht die Vergangenheit verständlich aber auch nachdenklich über Gegenwart und Zukunft.

Eingang zum Schulhaus in Arnsdorf, wo Komponist und Dorflehrer Franz Xaver Gruber lebte.

Wer noch tiefer in die Geschichte des Liedes eintauchen möchte, für den lohnt ein Besuch im alten Schulhaus von Arnsdorf, wo Komponist und Lehrer Gruber fast 22 Jahre lebte und wo nebenan die Kirchenglocken – natürlich – „Stille Nacht! Heilige Nacht! schlagen.

In insgesamt 13 Orten Österreichs kann man auf den Spuren des Weihnachtsklassikers wandeln – so im Wallfahrtsort Mariapfarr im Lungau, wo Mohr 1816 als Jungpriester das Gedicht aufschrieb, in Hochburg Ach, wo Komponist Gruber geboren wurde, und im Tiroler Zillertal, von wo aus das Weihnachtslied von Sängerfamilien in die Welt hinausgetragen wurde.

Auch am preußisch königlichen Hof wurde es gesungen. Preußenkönig Friedrich Wilhelm IV. war so angetan und wollte vom Salzburger Stift St. Peter mehr über dieses Lied wissen. Und so schrieb ihm der Franz Xaver Gruber die Entstehung des Liedes detailgetreu auf und bezeugte damit die Urheberschaft. Somit hat auch Berlin etwas zum weltweiten Erfolg des Weihnachtsklassikers beigetragen.

Christkindlmarkt in Salzburg.
Weihnachtsatmosphäre im St. Peter Stiftskulinarium. Fotos: Arlt

Und wer auf den Spuren des Klassikers wandelt, kommt natürlich auch den vielen Weihnachtsmärkten vorbei. Einer der schönsten und ältesten ist der Christkindlmarkt am Dom- und Residenzplatz in Salzburg, dessen Geschichte bis ins 15. Jahrhundert zurückreicht. Wer dem dortigen Trubel entfliehen möchte: Eine ganz besonderes Atmosphäre versprüht die Weihnachtswunderwelt im des St. Peter Stiftskulinarium.


Mehr Informationen:

www.stillenacht.com
www.salzburgerland.com

 

Text: Bärbel Arlt