Wer an den Spaniens sonnigen Süden denkt, denkt zuerst an feurige Flamenco-Tänzerinnen und stolze Caballeros, wagemutige Toreros und wilde Stiere. Doch die heißblütige spanische Schönheit kann auch anders sein – verträumt, sanft und einfühlsam. Wer sie kennen lernen möchte, muss sich aufmachen ins Hinterland Andalusiens und den Hotelburgen an der Küste den Rücken kehren.
Vor allem die bergige Landschaft ist es, die mit den Gefühlen Achterbahn spielt. Auf den kargen Hochebenen weiden weiße Pferde und schwarze Stiere. Pinien-, Kork- und Steineichenwälder wechseln sich ab mit Oliven-, Orangen- und Zitronenplantagen. Und wenn im Frühling die Natur erwacht, leuchten Zistrosen, Ginster, Orchideen, Salbei und Mandelbäume farbenprächtig um die Wette. Doch die wohl schönsten Farbkleckse unter dem strahlend blauen Himmel sind die weißen Dörfer.
Ronda, das auf einem steil abfallenden Felsplateau thront und von einer über 100 Meter tiefen Schlucht durchzogen wird, führt die Riege dieser Schönheiten an. Und dieser Königin der weißen Dörfer muss man natürlich den Hof machen – doch das am besten abends, wenn die Urlauberbusse wieder gen Mittelmeer unterwegs sind. Aber auch ihre kleinen Schwestern sind überaus reizvoll, besonders, wenn sie noch nicht von Touristenschwärmen umgarnt werden. Da ist zum Beispiel Zahara de la Sierra mit seiner Burgruine aus dem 12. Jahrhundert, von der man einen wunderschönen Blick auf einen Stausee und in die bis zu 1.300 Meter hohe Sierra del Jaral hat.
Auch von der frisch sanierten Burg im verträumten Olvera bietet sich ein Traumpanorama auf die weite Landlandschaft der Sierra de Grazalema. Kein Wunder, dass in den altehrwürdigen Mauern ein junges Paar diesen Augenblick engumschlungen genießt und erst der laute Glockenschlag der Pfarrkirche die beiden aus ihren Träumen weckt.
Ganz in der Nähe des Dorfes führt auf einer stillgelegten Bahnstrecke ein Radweg, die Via Verde, übrigens an einer der größten Geierkolonien Europas vorbei.
Wo immer man in Andalusien unterwegs ist, jeder Augenblick ist wie der Blick auf ein Gemälde. Und immer wieder kreuzen diesen Blick maurische Spuren, die nicht zuletzt zu so architektonischen Schätzen wie zur Alhambra in Granada, zur Mezquita in Córdoba und Giralda in Sevilla führen. Prachtbauten, die von der bewegten Vergangenheit Andalusiens erzählen. Doch selbst dort findet sich fernab vom Touristengewimmel in den Gärten ein verträumtes Plätzchen und in den Gassen der Städte eine Bar, wo man Tapas und einen Sherry aus den Weinkellern von Jerez de la Frontera genießen kann. Und spätestens dort ist man dann der heißblütigen Seele Andalusiens vollends verfallen.
Text und Fotos: Bärbel Arlt