Apulien: Natur und Kulinarik im Frühjahr

Torre dell'Orso
Torre dell'Orso

Erneut möchte ich von einer Reise in das wundervolle Apulien berichten. Es geht um die abwechslungsreiche Natur, die lange Geschichte, die lokalen Feierlichkeiten und die ungeheure Spiritualität, die dieser Landstrich im Absatz des Stiefels von Italien zu bieten hat.

Gallipoli
Gallipoli

Eher unbekannt ist für uns Deutschen der Salento. Er liegt zwischen Adria und Ionischem Meer – bezaubernd altmodisch, entspannt und dennoch hochmotiviert. Fernab vom Massentourismus findet man auf der Halbinsel noch die Ursprünglichkeit des Landes. Dort hat sich noch erstaunlich viel Bilderbuchitalien erhalten. Alte Städtchen, lauschige Häfen, malerische Küsten, ergreifende Sonnenuntergänge, freundliche und entspannte Menschen, sehr gutes Essen, gehaltvolle Weine – und keinerlei Massentourismus. Die Frühlingssonne lässt überall Wildblumen sprießen, ein Anblick den man so nicht vermutet. Lampascioni (Schopfige Traubenhyazinthe) blühen in den Olivenhainen. Als Vorspeise Lampascioni sott’olio begegnen sie uns wieder. Es duftet allenthalben, nicht zuletzt nach frisch gebrühtem Cafe, den man an jeder Ecke preiswert trinken kann – eventuell mit einem Pasticciotto, dem köstlichen und regionalen buttrigen Mürbeteiggebäck mit cremiger Vanillefüllung. Espresso sagt man hier eher nicht zu dem kleinen aromatisch/starken Gebräu. Überhaupt ist die Küche, auch Cucina povera genannt sehr schmackhaft und pointiert.

Capo d'Otranto
Capo d’Otranto

Was es kulinarisch zu entdecken gibt: Pettole eine Art Pastapfannkuchen, Oliven, Frisellini Leccesi, trockenes Brot mit Tomate und Origanum und Verdure pastellate (gebratenes Gemüse) zum Start. Weiter ging es mit Cardi gratinati (Distelgratin), Frommaggi freschi e semistationati (frischer und gereifter Käse), Parmigiana di melanzane (Auberginen aus dem Ofen), Rape n’fugate (gedämpftes Rübenkraut) Capocollo di martina und die wunderbaren Lampascioni sott’olio (Traubenhyazinthenzwiebeln) dazu Capocollo Wurst und schließlich Pomodori da pendulo scattarasciati (geschmorte angetrocknete Tomaten). Erst jetzt kommt man zu den Zwischengerichten wie Sagne n’cancannulate con pomodoro e cacio ricotta (Pasta mit Tomaten und Käse) und Fave cicorie (Bohnenpüree mit wildem Chicoree). Erst danach beginnt der Hauptgang bestehend aus Carne di cavollo a pignatu (einer Art Goulasch aus Pferdefleisch), Turcinieddri alla brace (gegrillte Lammrollen mit Innereien) und Ofenkartoffeln. Das Dessert bilden frischer Fenchel und Mandarinen, Kuchen und Spumone Croccantinno, Halbgefrorenes auf Krokant, serviert mit S. Marzano Likör – unfassbar gut.

Die wunderbaren Fortbewegungsmittel der Italiener geben nochmal das richtig Flair, egal ob knatternde Vespas, niedliche Fiat Cinquecentos oder wackelige Apes.

Megalithgarten
Megalithgarten

Neben zahlreichen Krypten und Felskirchen stößt man im Salento auf zahlreiche Dolmen und Menhire. Das kleine Dorf Giurdignano liegt im Italienischen Megalithgarten. Wandern in Olivenhainen zwischen Dolmen und Menhire führt unweigerlich zur inneren Einkehr, der einen nachdenklich stimmt. Die kleine Gemeinde liegt in der Provinz Lecce in Apulien, etwa 34,5 Kilometer südöstlich der Stadt Lecce im Salento. Beim Übergang vom Adriatischen Meer ins Ionische Meer bei Otranto sind es dort etwa 6,5 Kilometer in östlicher Richtung. Das Capo d’Otranto gilt als östlichster Punkt Italiens. Bei gutem Wetter ist Albanien in der Ferne sichtbar. Gerne feiert die örtliche Bevölkerung hier den Beginn des Neuen Jahres, da das Datum am östlichsten Punkt Italiens als erstes erreicht wird.

Tavola di San Giuseppe
Tavola di San Giuseppe

Am 18. und 19. März konnte man die Tafeln der Tavole di San Giuseppe (Gedeckte Tische des Heiligen Josef) in den geöffneten Häusern Giurdignanos besichtigen. Die Feierlichkeiten begannen bereits am Vortag mit einer musikalisch geprägten illustren Abendveranstaltung, weil die Kommune und die Region Apulien die Aufnahme dieser Tradition zurecht in das UNESCO-Welterbe befördern möchten. Immer wieder begegnet man der Pizzica, einem ursprünglich therapeutischeren Tanz mit mythischen Wurzeln, der heute als italienischer Volkstanz der Halbinsel Salento im Süden Apuliens von Jung und Alt getanzt wird. Im Jahr 2019 beteiligten sich 53 Familien und Einrichtungen an den Festivitäten. Angemerkt sei, dass Giurdignano gerade mal knapp 2000 Einwohner zählt.

Hafen von Otranto
Hafen von Otranto

Apulien und das Salento ist mit dem Flugzeug innerhalb weniger Stunden einfach zu erreichen. Als Destinationen bieten sich Bari oder Brindisi an. Einen Leihwagen zu mieten ist auch kein Problem. Es lohnt sich auf jeden Fall diese Region in Ruhe zu erkunden um die vielfältige Natur, die lange Geschichte, die umfangreichen Feierlichkeiten und diese unglaubliche Spiritualität zu erleben. Zum Übernachten bieten sich diverse Masserien an. Das sind zu Hotels erweiterte ehemalige Gutshöfe. Alle fünf Sinne kommen in der Region Salento auf ihre Kosten.

Auf Wiedersehen in Apulien oder arrivederci a Puglia.

 

Text & Fotos: Dr. Eva Schaefers, aka Doc.Eva