Der Kur- und Wallfahrtsort Bad Wilsnack wird am 19. August zum Ziel für Pilger und Kulturliebhaber – im Pilgertheater kommt sogar der berühmte Reformator zu Wort
Pilgern in der Prignitz ist „in“: Die Zahl der Wallfahrer steigt jedes Jahr in der einer der ältesten Kulturlandschaften Deutschlands. Zum großen Pilgerfest, das am Samstag, dem 19. August rund um die berühmte Wunderblutkirche in Bad Wilsnack gefeiert wird, werden wieder hunderte Wallfahrer und Geschichtsfans erwartet. Das Fest ist der Höhepunkt der Pilgersaison in der Prignitz. Was Martin Luther übers Pilgern dachte, erfahren die Festbesucher beim Pilgertheater. Der Eintritt zum Fest und Theater ist frei.
„Pilgern ist heute längst nicht mehr nur etwas für Gläubige“, so Mike Laskewitz, Geschäftsführer vom Tourismusverband Prignitz e.V. „Die Naturschönheiten, die innere Einkehr oder der Wunsch, eine kurze Zeit auf einfache Art zu leben, sind ebenso essentielle Beweggründe für eine Pilgerreise. Pilgern ist eine spirituelle Erfahrung, egal, ob man dabei Gott oder einfach nur Ruhe und den Einklang mit sich und der Natur sucht.“ Neben Santiago, Rom und Aachen gehört der heutige Kurort Bad Wilsnack zu den wichtigsten Pilgerstätten der Welt. Der Wunderblutlegende zufolge wurden hier im Jahr 1383 nach einem Brand der Kirche drei unversehrte Hostien gefunden, die Blutflecken aufwiesen. Schon bald ereigneten sich weitere Wunder, die den Ruhm des „Heiligen Blutes” mehrten. Hunderttausende Menschen aus ganz Europa strömten jedes Jahr zu diesem heiligen Ort in der Prignitz. Ihr Ziel war es, das „Heilige Blut” zu besuchen, um Hilfe in körperlichen oder seelischen Nöten zu erfahren. Als berühmtestes Pilgerziel Nordeuropas galt die Stadt sogar als „Santiago des Nordens”.
Mit dem rund 130 Kilometer langen Pilgerweg von Berlin zur Wunderblutkirche konnte die Prignitz in den letzten Jahren erfolgreich an die Pilgertradition des Mittelalters anknüpfen und sich wieder als Pilgerzentrum etablieren. Höhepunkt der Pilgersaison ist das traditionelle Pilgerfest in Bad Wilsnack rings um die Wunderblutkirche, das dieses Jahr am 19. August stattfindet. Das Fest erinnert an die mittelalterliche Wallfahrt und lädt Pilger, Urlauber und Einheimische zu einem Mittelaltermarkt sowie verschiedenen kulturellen Höhepunkten ein. Eingeleitet wird es um 10 Uhr mit einer Pilgerwanderung auf der letzten nur sieben Kilometer langen Teilstrecke des Pilgerweges von Berlin nach Bad Wilsnack, die von der Plattenburg zur Wunderblutkirche in Bad Wilsnack führt. Wer an der Wanderung teilnehmen möchte, kann dafür um 9.15 Uhr den kostenlosen Busshuttle vom Marktplatz in Bad Wilsnack zur Plattenburg nutzen.
Das Fest selbst beginnt um 11 Uhr mit der Eröffnung des Kunsthandwerkermarktes im Goethepark hinter der
Wunderblutkirche. Handwerk und Kunst sowie Speis und Trank warten auf die Besucher und die eintreffenden Pilger. Schwein am Spieß, vegetarische Angebote, ein üppiges Kuchenbuffet und weitere Angebote verwöhnen den Gaumen. „Kurzweil für Jung und Alt bieten unter anderem das traditionelle Pilgerzeichengießen, Filzen und das Prägen des Prignitztalers mit dem Motiv der Wunderblutkirche. Die musikalische Untermalung übernimmt in diesem Jahr ‚Several Gents’, die mit Irish Folk für gute Laune sorgen“, berichtet Jochen Purps, Vorsitzender des Fördervereins Wunderblutkiche Bad Wilsnack e. V.
Auch die Wunderblutkirche ist natürlich offen und lädt die Besucher ein. Neben dem imposanten Gebäude selbst locken derzeit auch zwei interessante Ausstellungen zum Besuch: Anlässlich des Reformationsjahres führen die Kirchengemeinde Bad Wilsnack, der Förderverein Wunderblutkirche Bad Wilsnack e.V., die Kirchengemeinde Werben sowie das Kloster Stift zum Heiligengrabe noch bis 1. November 2017 gemeinsam die Ausstellung „Sünde, Tod und Fegefeuer – Bildmedien vor und nach der Reformation“ in der Wunderblutkirche durch. „Für die Ausstellung wurden die Legendentafeln restauriert und gesichert. Zudem wurde die Porlaube mit Planen so visualisiert, dass dem Besucher ein Eindruck des früheren Innenraums der Kirche vermittelt wird“, so Laskewitz. In der zweiten Ausstellung hat die Künstlerin Julia Krahn den ehemaligen Verbindungsgang zwischen dem 1976 abgebrannten Gutshaus und der Wunderblutkirche unter dem Motto „Figura“ zum modernen Kreuzgang umgestaltet. Ziel der Künstlerin ist es, dass sich die Betrachter von der Form lösen und sie dennoch wiedererkennen. So wird der als Schwibbogen bezeichnete Verbindungsgang zum Kreuzgang, ein Apostel zur Mutter Gottes, zwei Ziegelsteine zu Jesus und Simon. Ein Kreuz steht in einer der Nischen des Schwibbogengangs mit winzigen weißen Porzellanskulpturen mit runden Formen. Der Betrachter soll dabei in der abstrakten Darstellung erkennen, was die Formen darstellen.
Um 12 Uhr findet in der Kirche zudem eine ökumenische Andacht statt, im Anschluss eine Führung. 16 Uhr lockt dann das Pilgertheater mit seiner Vorstellung. Erneut wird „Wahres und Wunderbares“ aus Bad Wilsnacks Geschichte präsentiert. Passend zum Reformationsjahr tritt Martin Luther auf und teilt dem Zuschauer mit, was er von dem Treiben rund um das Wilsnacker Wunderblut hält. Über die derzeitigen Baumaßnahmen am „Denkmal nationaler Bedeutung“ informiert die Bauleitung bei einer gesonderten abendlichen Führung durch die Kirche um 18.30 Uhr. „Viel Spannendes ist schon zu Tage getreten, und viele Herausforderungen gilt es noch zu meistern“, so Jochen Purps. Der abendliche Ausklang findet in diesem Jahr im Goethepark statt: Mitglieder verschiedener Wilsnacker Chöre bringen das Festgelände zum Klingen, und auch die Besucher sind zum Mitsingen eingeladen.
Programm des Pilgerfests am 19. August:
10.00 Uhr Pilgerwanderung von der Plattenburg nach Bad Wilsnack
11.00 Uhr Eröffnung des Marktes im Goethe-Park
12.00 Uhr Ökumenische Andacht in der Kirche
14.00 Uhr Kirchenführung
16.00 Uhr Pilgertheater
18.30 Uhr Kirchenführung zum Baugeschehen
Am Abend Der Singende Park mit Chören aus der Region.