Gardasee: Der letzte Fischer von Riva del Garda

Foto: Archivio Foto Garda Dolomiti Spa
Foto: Archivio Foto Garda Dolomiti Spa

Wer in Riva del Garda auf dem Wochenmarkt frischen Fisch kauft, kommt an ihm nicht vorbei: Alberto Rania, der letzte verbliebene Fischer der Stadt. Täglich ist er mit seinem kleinen weißen Dreiradroller auf der Piazza der Rocca di Riva zu finden – inmitten historischer Mauern, direkt am Wasser. Sein Stand, ein mobiler Fischladen, trägt den Schriftzug „El Pescador“ und bietet genau das, was Alberto am frühen Morgen in den klaren Tiefen des nördlichen Gardasees gefangen hat. Vom Barsch bis zur Sardine – Alberto kennt den See und seine Schätze wie kaum ein anderer.

Alberto wurde 1961 in Florenz geboren, zog aber bereits als Kind mit seiner Familie zurück nach Riva del Garda, dem Heimatort seiner Mutter. Die Faszination für die Fischerei entwickelte sich früh. Sein Onkel, ebenfalls Fischer, nahm ihn regelmäßig mit auf den See und brachte ihm alles bei, was ein Fischer wissen muss. Doch Alberto schlug zunächst andere Wege ein: Nach der Schule studierte er Kunst in Trento, lebte als Koch und Künstler in Hamburg und München und kehrte erst 2015 in die Heimat zurück. Seitdem widmet er sich voll und ganz der Fischerei – eine Entscheidung, die er nie bereut hat, auch wenn das Leben auf dem See oft hart ist.

Fischen unter schwierigen Bedingungen

Der Gardasee zeigt sich im Norden wild und unzugänglich. Hier, wo der Wind oft stark weht und Felsen die Ufer umsäumen, ist die Fischerei eine Herausforderung. Alberto verlässt sich ganz auf seine jahrelange Erfahrung und sein Wissen um die tückischen Strömungen. „Der Norden des Sees ist schwierig zu befahren und kann gefährlich sein“, sagt er. „Doch das Wasser hier ist klarer und sauerstoffreicher, was den Fisch besonders macht.“ Morgens, oft noch vor dem ersten Licht, fährt Alberto hinaus, um die Netze einzuholen. Dann bringt er seinen Fang in die Werkstatt, sortiert und säubert die Fische, und bereitet sie für seine Kundschaft vor.

Ein besonderes Angebot

Alberto ist stolz darauf, in einer Region ohne weitere Berufsfischer, den Seefisch in der Altstadt von Riva wieder bekannt gemacht zu haben. „In Geschäften findet man kaum noch heimischen Süßwasserfisch, die Menschen schätzen mein Angebot sehr“, erzählt er. Mit vielen Kunden verbindet ihn inzwischen eine persönliche Beziehung; aus einem Einkauf wird oft ein Plausch über Kochrezepte und Zubereitungsideen, zu denen Alberto gerne Ratschläge gibt.

Ein Leben voller Herausforderungen

Die Fischerei ist für Alberto jedoch nicht nur Beruf, sondern Leidenschaft – auch wenn die Arbeit oft ihre Schattenseiten hat. „Es ist kein einfacher Beruf. Der See kann gnadenlos sein, man fischt, wenn das Wetter es zulässt und hat keine geregelten Arbeitszeiten. Es gibt Momente, da bringt man wunderbare Fänge nach Hause, und andere, da bleiben die Netze leer.“ An eine besonders dramatische Nacht erinnert er sich noch gut: „2016 überraschte mich ein Sturm weit draußen auf dem See, das Netz verfing sich im Propeller, und ich trieb hilflos in den Wellen. Zum Glück legte sich das Unwetter schnell, und ich konnte in den Hafen zurückkehren.“ Trotz solcher Erlebnisse würde Alberto die Fischerei nie aufgeben: „Das muss man im Blut haben. Ich hoffe, dass eines Tages jemand diese Tradition weiterführen wird.“

Riva del Garda und das „Festival del pesce d’acqua dolce“

Für Alberto ist seine Heimatstadt Riva del Garda ein Ort voller Schönheit. Touristen empfiehlt er, nicht nur am Strand zu entspannen, sondern die unzugänglichen Ufer des Sees mit dem Boot oder Kajak zu erkunden. In den Morgenstunden kann man seltene Vögel wie den Eisvogel beobachten oder einen Blick unter die Wasseroberfläche werfen und die bunte Unterwasserwelt des Sees entdecken.

Eine besondere Gelegenheit, den Fisch aus dem Gardasee zu probieren, bietet sich im Oktober beim „Festival del pesce d’acqua dolce“. Dieses Fest, das Teil der kulinarischen Veranstaltungsreihe „Mese del Gusto“ ist, zelebriert die Spezialitäten des Süßwasserfischs. An drei Tagen präsentieren renommierte Küchenchefs ihre Menüs und Gerichte, die ausschließlich mit Albertos Fisch zubereitet sind. Höhepunkte sind die Fisch-Tapas im Palazzo Martini und das Vier-Gänge-Dinner, begleitet von Livemusik und einer unverwechselbaren Seestimmung.

Alberto Rania ist längst mehr als ein einfacher Fischer. Für die Menschen in Riva del Garda ist er ein Hüter der Tradition, ein Freund und eine Inspiration – jemand, der ihnen den Geschmack ihrer Heimat auf die Teller bringt.